Welcome to Namibia!
Nach einem ruhigen Nachtflug warten wir mehr oder doch weniger erholt in der kleinen Ankunftshalle des Hosea Kutako International Airports bis wir an der Reihe sind. Unsere Reisegruppe besteht aus mir (Reiseleitung), meinem Freund Lars (Chefkoch), seinem Vater Paul (Kameramann) und unseren Freunden Barbara (Tierspurenkennerin) und Marcel (Experte im Sandfahren). Endlich ist es soweit: mit gleichgültiger Miene knallt der Immigration Officer den ersehnten Einreisestempel in unsere Pässe. Welcome to Namibia! In gemütlichem Tempo erledigen wir den Papierkram bei der Autovermietung Bushlore und lassen uns die beiden Fahrzeuge inklusive Dachzelt und Campingausrüstung erklären. Einige Stunden später halten wir endlich die Schlüssel unserer fast nigelnagelneuen Toyota Landcruiser in der Hand und brausen vorsichtig im Linksverkehr los. Es ist bereits dunkel als wir in unserem Guesthouse mitten in Windhoek ankommen, schnell unter die Dusche springen und den Abend in einem gemütlichen Restaurant bei Springbock--Steak und Rotwein ausklingen lassen.
Zeitig brechen wir am nächsten Morgen auf und fahren über den sehr steilen Spreetshoogte Pass nach Sossusvlei. Vom Aussichtspunkt auf dem Pass lassen wir den Blick über die grandiose karge Landschaft schweifen bis hin zu den Dünen der Namib am Horizont. Kurz vor Sonnenuntergang erreichen wir den Campingplatz in Sossusvlei. Schnell sind die Dachzelte aufgestellt, ein gemütliches Feuer entfacht und bei brutzelndem Steak stossen wir mit Windhoek Lager und Savanna auf den gelungenen Start unserer dreiwöchigen Afrikareise an. Noch im Dunkeln brechen wir am nächsten Morgen auf um die Dünen bei Sonnenaufgang bewundern zu können. Gar nicht so einfach im Stockdunkeln die berühmte Düne 45 in einer Wüste von Dünen zu finden! Anhand der vielen Autos und Reisebussen wird dann aber doch klar welches die gesuchte Düne sein muss. Zusammen mit unzähligen Touristen beobachten wir wie sich tausende von Sanddünen leuchtend rot färben. Bevor es zu heiss wird, machen wir uns auf den Weg zur knapp 350 Meter hohen Sanddüne Big Daddy. In konstantem Tempo geht es zwei Schritte vorwärts und einen zurück. Der Wind bläst bereits unerbittlich Sand um uns herum. Keuchend stehen wir irgendwann zuoberst auf Big Daddy und bestaunen das atemberaubende Panorama -- wir sind umgeben von tausenden Sanddünen und tief unter uns liegt der ausgetrocknete Salzsee Dead Vlei mit seinen abgestorbenen hundertjährigen Bäumen. Am Abend beobachten wir wie sich am Horizont riesige Wolken auftürmen. Plötzlich bricht ein heftiger Sturm los, der die Dachzelte gefährlich flattern lässt. Als kurz nach Mitternacht die ersten schweren Tropfen fallen, bauen wir unsere Zelte schnell ab und quetschen uns in die Fahrerkabine des Toyotas. An Schlaf ist in dieser Sardinenbüchse nicht zu denken! Irgendwann legt sich der Sturm und im Schein der funkelnden Milchstrasse bauen wir die Zelte wieder auf.
Tierbegegnungen in Botswana
Über Keetmanshoop vorbei an den pittoresken Köcherbäumen geht unsere Reise weiter Richtung Botswana. Kurz vor der Grenze verstecken wir unsere Milch-- und Fleischprodukte damit sie nicht konfisziert werden. Der Grenzübergang Mata Mata besteht aus einem kleinen Gebäude, zwei Beamtinnen die den Papierkram erledigen und einem Militäroffizier der einen kurzen Blick auf unsere Fahrzeuge wirft – an einer Inspektion der Kühlbox scheint er kein Interesse zu haben. Ein paar ausgefüllte Formulare später öffnet sich das Metalltor und wir befinden uns nicht nur in Botswana sondern direkt im grenzüberschreitenden Kgalagadi Transfrontier National Park. Das Naturschutzgebiet liegt in der kargen Kalahariwüste und wird von meist trockenen Flussbetten sowie farbreichen Sanddünen bestimmt. Jetzt kurz nach der Regenzeit sind die wenigen Bäume und Büsche immer noch grün. Die nächsten drei Tage verbringen wir mit vielen Safarifahrten und eindrücklichen Tierbegegnungen: eine Gruppe Giraffen frisst genüsslich mit ihren langen Zungen die Blätter zwischen den dornigen Ästen einer Akazie raus, riesige Springbock-- und Gnuherden grasen in den ebenen Flussbetten, verspielte Erdmännchen posieren für unsere Fotos, eine Gepardenmutter bewacht nicht nur ihre drei Jungen sondern auch die erlegte Beute, ein Rudel Löwinnen sonnt sich zusammen mit dem Nachwuchs auf einem Hügel und plötzlich schleicht wie aus dem Nichts ein Leopard aus dem hohen Gras und überquert direkt vor uns die staubige Sandpiste, sonnt sich auf einem Baumstamm und beobachtet die grasende Springbockherde, welche wiederum jede seiner Bewegungen aufmerksam registriert. Die Tage vergehen wir im Flug und schon bald verlassen wir den Park in nördliche Richtung über sehr einsame Pisten – gelegentlich springt ein aufgescheuchter Kudu oder ein Oryx aus dem Gebüsch. Im kleinen Örtchen Nossob füllen wir noch einmal unsere Dieseltanks auf und fahren dann mehrere Stunden über sehr sandige Pisten Richtung Kaa Gate. Da auf dieser Strecke kaum Fahrzeuge unterwegs sind, ist die Piste nur schwierig zu erkennen. Ohne GPS--Gerät hätten wir die Abzweigung zu unserem nächsten Übernachtungsplatz niemals gefunden. Am späteren Nachmittag erreichen wir unser Ziel – eine sandige Fläche mit einem verwitterten Holzschild Camping. Die verbleibende Zeit bis zum Sonnenuntergang verbringen wir mit einer Würfelrunde Jazzy, Spurensuche im Sand (…sieht aus wie ein Löwe oder?!), Sundowner geniessen und Nachtessen zubereiten. Kurz bestaunen wir noch den sternenreichen Nachthimmel und versuchen das Tiergebrüll zu bestimmen (…tönt wie ein Löwe oder?!) und kriechen erschöpft in unsere Dachzelte.
Am nächsten Morgen sind wir wiederum zeitig auf den Beinen, packen mittlerweile gekonnt unsere Dachzelte ein, schlürfen in der noch sehr kühlen Morgenluft einen heissen Tee und fahren weiter Richtung Parkgrenze. Dort angekommen werden wir von einer netten Rangerin begrüsst – wir sind das erste Fahrzeug seit drei Tagen – und tragen uns in das grosse schwarze Buch ein, zeigen unsere Reservationskopien und fahren auf einer schönen aber wiederum sehr sandigen Piste weiter Richtung Central Kalahari. Das Central Kalahari Game Reserve liegt im Herzen Botswanas und umfasst ein Gebiet grösser als die Schweiz. Die Landschaft ist geprägt von der Trockensavanne und viele der Flussläufe sind zu trockenen Salztonebenen versteinert. Unser einsames Camp ist karg ausgestattet: ein flacher Platz mit einem Plumpsklo, einer Kesseldusche ohne Wasser dazu ein herrlicher Ausblick über die Savanne, atemberaubende Sonnenuntergänge und Löwengebrüll in der Nacht. Als wir eines Morgens wie gewöhnlich von einer längeren Pirschfahrt zurückkommen, treffen wir auf eine einsame Giraffe die am Wasserlock trinken möchte. Verschreckt springt sie ins Gebüsch und traut sich erst nach einer gefühlten Ewigkeit wieder hervor. Um einen Schluck Wasser zu trinken muss sie ihre langen Vorderbeine weit spreizen und ihren langen Hals bücken – was nicht nur komisch aussieht, sondern sie extrem angreifbar macht, weshalb ein Schluck Wassertrinken nur einige Sekunden dauert. Allmählich füllt sich das Wasserloch mit Oryx-- und Gnuherden, eine Gruppe Springböcke trabt auch noch aus dem Dornengebüsch, ebenso eine weitere Giraffe mit ihrem Jungen – was für ein herrlicher Anblick! Einige Tage später treffen wir kurz vor Parkausgang auf drei Geparden, die sich mitten auf der Sandpiste sonnen. Sofort halten wir an und beobachten mit gebannten Blicken wie sie sich aufrichten und grazil am Auto vorbei ins nächste Gebüsch spazieren.
Erlebnisreiche Flussfahrten
Unsere Reise geht weiter zum Okavango Delta, wo wir direkt am Ufer des riesigen Deltas campieren. Auf einer gemütlichen Bootsfahrt erfahren wir von unserem einheimischen Guide Harald interessante Dinge über die Flora und Fauna des Deltas. Als plötzlich nur einige Meter vor uns der Kopf eines Hippos auftaucht, wird unser Captain unruhig. Schnell machen wir ein Foto und dann gibt er Gas und bringt einen grossen Sicherheitsabstand zwischen Boot und Hippo. Aus guten Grund: Hippos zählen zu den aggressivsten Tieren in Afrika, da sie bedingungslos ihr Territorium verteidigen. Am morgen finden wir frische Hippo--Spuren direkt neben dem Auto – zum Glück haben wir im Dachzelt übernachtet und nicht wie unsere südafrikanischen Nachbarn direkt auf dem Boden. Bevor wir unsere Fahrzeuge in Kasane zurückgeben, besuchen wir noch das Moremi Game Reserve und den Chobe National Park. Unser letzter Campingplatz ist berühmt für seine Elefanten, die sich frei über den gesamten Platz bewegen und auch schon Autos aufgebrochen haben auf der Suche nach Zitrusfrüchten. Sicherheitshalber haben wir schon seit einer Woche darauf verzichtet. Als wir kurz nach dem Lunch gemütlich in unseren Campingstühlen relaxen, schleicht plötzlich keine fünf Meter entfernt ein ausgewachsener Elefant mitten über unseren Platz. Bewegungslos bleiben wir sitzen und schauen ihm gebannt beim Fressen zu – schade befand sich die Kamera im Auto! In Kasane werden unsere Fahrzeuge von zwei Einheimischen abgeholt und zurück nach Windhoek gefahren und wir bleiben in der idyllischen Chobe Safari Lodge direkt am gleichnamigen Fluss. Am Nachmitttag unternehmen wir eine Bootsfahrt auf dem Chobe River und beobachten wie mehrere Elefanten mitten im Wasser auf schwimmenden Inseln genüsslich Gras fressen. Mit ihrem langen Rüssel reissen sie die Grasbüschel aus und waschen sie dann mehrmals im Wasser bevor sie sie verschlingen. Unser Guide erklärt uns, dass der Grund dafür die Zähne der Elefanten sind. Je länger die Zähne halten, desto älter wird ein Elefant, bei kaputten Zähnen droht der Tod durch Verhungern. Am Ufer wälzen sich riesige Elefantenherden mit ihren verspielten Jungen im Schlamm und mehrere Gruppen Hippos suhlen sich im Sumpf. Eines reist direkt vor unseren Augen sein riesiges Maul auf – schon ein furchteinflössender Anblick!
Abstecher nach Simbabwe
Als krönender Abschluss unserer Reise besuchen wir die Victoriafälle, eine der grössten und spektakulärsten Wasserfälle unseres Planeten. Über eine Abbruchkante von fast zwei Kilometern stürzt der gewaltige Zambezi River gut 110 Meter in die Tiefe. Auf einem Rundweg auf der anderen Schluchtseite bestaunen wir die Fälle, wagen beim rutschigen Danger Point einen Blick in die tiefe Schlucht und werden triefend nass von der gewaltigen Gischt. Leider geht unsere Reise am nächsten Tag zu Ende und wir müssen Simbabwe bereits wieder verlassen. Nach einem kurzen Flug befinden wir uns wieder im International Airport von Johannesburg und sehen in einer Sportbar gerade noch wie sich die Schweiz im Penaltyschiessen mit einem Schuss neben das Tor von der EM verabschiedet. Kurz darauf ertönt die Lautsprecherdurchsage: Flight LX 289 to Zurich boarding at Gate A1 und auch wir verabschieden uns von drei Wochen unvergesslichen und erlebnisreichen Abenteuerferien im südlichen Afrika.
Text: Karin Frischknecht
Fotos: Karin Frischknecht, Lars und Paul Scheibling, Barbara und Marcel Schmid
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